Von Autos, die spionieren
VW hat pünktlich zur IAA bewiesen, was Software vermag: Statt die Schadstoffe im Abgas zu reduzieren, wurden ein paar Zeilen Code hinzugefügt und schon erkennt der Bordcomputer, dass der Wagen auf dem Prüfstand steht, stellt den Motor darauf ein und liefert das gewünschte Messergebnis. Während die anderen in Frankfurt auf’s Gaspedal treten, um Visionen von selbstfahrenden Autos mit Leben zu füllen, pimpt VW in Amerika einfach ihre bestehende Technologie digital auf.
Das ist Tuning 2.0. Früher war das Problem, mit dem viel zu lauten Auspuff in die nächste Polizeikontrolle zu rasen, die einem den Wagen stilllegen. Hier aber ist statt halbwüchsigen Schraubern ein hochwertiges Programm am Start. Es erkennt, wie die Karre fährt und wo die Kiste steht, und steuert den Motor entsprechend. Ingenieurskunst auf der Drehzahl der Zeit.
Während Andere vom autonomen Fahren faseln, bastelt VW das autokrate Auto. Statt mit Anlauf über hohe Abgashürden zu dieseln, drosselt VW einfach aus dem Stand drunter durch. Das kennen wir vom heimischen PC, der die Prozessorgeschwindigkeit entsprechend der Anforderungen regelt. Gestern ließ man mit röhrenden Maschinen die anderen hinter sich. Heute überholt Software heimlich, still und leise auf der Standspur. Saubere Emissionen sind reine Programmierkunst.
Manipulative Software, die sich zwischen anderen Programmen versteckt, um in bestimmten Situationen unbemerkt die Kontrolle zu übernehmen kennen wir ja bereits vom heimischen Computer: Trojaner. Jetzt ist das Auto dran, das mit seinen Sensoren und Daten immer mehr zum Rechner auf vier Rädern wird.
Daher muss auch der ungedrosselte Datenausstoß künftig auf den Prüfstand: Wer kontrolliert die Daten unseres Fahrverhaltens, unser Stresslevel, unsere Kommunikation, unsere Route und unseren Musikkonsum? Informationen sind gut fürs Geschäft, nicht aber immer für den Kunden. Die gefährlichsten Emissionen des Verkehrs sind nicht mehr Abgase allein: Es sind Datenwolken.