Durchführung Rückrufaktion am Beispiel von Mars
Durchführung Rückrufaktion am Beispiel von Mars
Krisen- und Reputationsexperte Christian Scherg im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Das Thema ist die Durchführung der Rückrufaktion von Mars. Scherg bewertet diese aus Expertensicht.
Freiwillige Rückrufaktionen nützen dem Image
Immer häufiger warten große Unternehmen nach Bekanntwerden eines Produktmangels nicht ab, sondern starten proaktiv eine Rückrufaktion. Weshalb das so ist, erklärte der Reputationsexperte Christian Scherg der Süddeutschen Zeitung in einem Interview zum Mars-Rückruf. Mars Incorporated rief im Februar 2016 Millionen von Schokoriegeln zurück, nachdem ein Verbraucher in der Verpackung seines Mars-Riegels ein scharfkantiges Kunststoffteilchen gefunden hatte.
Durchführung Rückrufaktion: Auf den schlimmsten Fall vorbereitet sein
Scherg beurteilt das Vorgehen des amerikanischen Lebensmittelherstellers als vorbildlich. In einer Krise müsse sich ein Unternehmen auf den schlimmsten Fall vorbereiten. Würde beispielsweise ein Kind an einem der verunreinigten Mars-Produkte ersticken, hätte dies für den Hersteller einen nicht wieder gutzumachenden Rufschaden zur Folge. Der Rückruf hingegen verursache nur finanziellen Schaden. Ohnehin sei dieser oft geringer als der Verlust, der bei Verzicht auf einen Rückruf entstehe. Ein Unternehmen sei schnell mit massiven Schadensersatzklagen konfrontiert. Scherg verhehlt zwar nicht, dass Rückrufe auch hämische Reaktionen provozieren können – insbesondere in den sozialen Medien. Allerdings käme die Schadenfreude meist aus Kreisen, die ohnehin nicht zum Kundenklientel gehören.
Durchführung Rückrufaktion: Kommunikationshoheit behalten
Wichtig ist nach Scherg, dass der Rückruf aus freien Stücken erfolgt. Der Berater für Krisenkommunikation geht davon aus, dass eine freiwillige Rückrufaktion dem Image des Unternehmens nicht bloß nicht schadet, sondern ihm mittelfristig gar nützt. Verbraucher rechneten längst nicht mehr damit, dass Produkte fehlerlos seien. Ihr Vertrauen leide indes, wenn ein Hersteller Mängel zunächst vertusche und nur häppchenweise unter öffentlichem Druck zugebe. Als Negativbeispiel erwähnt Scherg das Vorgehen von VW im Abgasskandal. Im Zeitalter von Facebook funktioniere es nicht mehr, einen Fehler im Herstellungsprozess als Einzelfall abzutun und unter den Tisch zu kehren. Versuche ein Hersteller nach Bekanntwerden eines Produktmangels jedoch proaktiv zu verhindern, dass seinen Kunden ein Schaden entsteht, wirke dies vertrauensbildend. Kommunikationsprofi Scherg rät betroffenen Unternehmen, in einem solchen Fall die Öffentlichkeit schnell und transparent zu informieren, um die Kommunikationshoheit nicht zu verlieren.