Cybermobbing – Ein gesellschaftliches Problem
Cybermobbing: Kein Schulhof-Phänomen
Wann immer von „Cybermobbing“ die Rede ist, denken die meisten Menschen an Schulhof-Streitigkeiten, die von Jugendlichen ins Internet verlagert werden – wenn auch mit drastischen Konsequenzen. Dies ist durchaus richtig und es ist dringend erforderlich, auf diese akute Bedrohung zu reagieren – dennoch ist Cybermobbing kein reines Phänomen unter Jugendlichen: Erwachsene und Unternehmen fallen ebenfalls Rufmordattacken und Cybermobbing aus dem Internet zum Opfer – und auch hier sind Gegenmaßnahmen dringend geboten.
Cybermobbing: Pranger-Seiten
Als im Juni 2011 die Pranger-Seite „iShareGossip“ von der Hackergruppe „23timesPi“ gekapert wurde, schien es für kurze Zeit, als wäre damit ein Problem weniger in der Welt. Schließlich hatte diese Seite – mit einigem Erfolg – dazu aufgerufen „100 Prozent anonym an deiner Schule, Universität oder Arbeitsplatz lästern“, ein Aufruf zum Cybermobbing.
Ein Aufruf, dem sich Jugendliche zu Tausenden nur zu gern anschlossen, denn im Schutze der zugesicherten Anonymität fiel es den Schülern wesentlich leichter, über Klassenkameraden in einem rauen Ton herzuziehen. Dass die Konsequenzen einer Online-Attacke auf den Ruf des Opfers bis in die Realität strahlen können verdeutlicht die Tatsache, dass es zu tätlichen Attacken in Folge der Online-Lästereien kam.
So darf es nicht verwundern, dass die Nachricht von der feindlichen Übernahme der Pranger-Seite durch Hacker einige Erleichterung auslöste – Erleichterung, die womöglich etwas verfrüht war, denn Rufmord-Attacken finden nach wie vor auf vielen anderen Online-Plattformen im Internet statt und diese Attacken werden nicht nur zwischen Schülern und Jugendlichen ausgetragen: Auch Erwachsene fallen Ihnen zum Opfer und die Zahl der Unternehmen, deren Ruf aus dem Internet unter Beschuss genommen wird, wächst stetig.
Cybermobbing betrifft alle
Angriffe auf Erwachsene oder Unternehmen sind jedoch meist anders motiviert, als das Mobbing unter Jugendlichen. Geht es um persönliche Angriffe, so kommt es unter anderem vor, dass die Täter von Rache- oder Machtphantasien getrieben werden und sie die Opfer aus dem realen Leben kennen. Entsprechend emotional und psychisch belastend laufen diese Cybermobbing-Angriffe ab.
Sind dagegen Unternehmen Opfer von Rufmord-Attacken, sind die Motive anders gelagert: Häufig verschaffen sich Mitbewerber Vorteile und bewerten Produkte oder Dienstleistungen der Konkurrenz anonym durchgehend schlecht auf Bewertungsplattformen. Mittlerweile gibt es bereits Agenturen, die dieses Herabwerten gegen Bares übernehmen. Einige Online-Plattformen und Netzwerke, die sich offiziell als Verbraucherschutz-Portale ausgeben, haben sich darauf spezialisiert, negative Bewertungen von Unternehmen gegen Zahlung zu unterlassen.
Neu sind derartige Angriffe nicht: Dass es sie schon lange vor der Entwicklung des Internet gab, zeigt allein ein Blick ins Strafgesetzbuch, in dem die Paragraphen 185 bis 200 Tatbeständen wie Beleidigung, Verleumdung oder übler Nachrede gewidmet sind. Mit dem Internet allerdings kommen Aspekte hinzu, die Rufmordattacken und Cybermobbing ungleich wirkungsvoller machen: Rufmordattacken können anonym gestartet werden, die Verbreitungsgeschwindigkeit hat sich um ein Vielfaches erhöht und es können nahezu unbegrenzte Mengen an Negativinhalten platziert werden. Das Internet erhöht schlicht die Nachhaltigkeit einer Rufmordattacke.
Juristische Hilfe ist bei Cybermobbing unwahrscheinlich
Gleichzeitig ist es sehr schwierig bis nicht möglich, sich juristische Hilfe gegen Rufmord und Cybermobbing zu nehmen. Polizei und Staatsanwaltschaft können nur tätig werden, wenn ein Angreifer namhaft gemacht werden kann oder wenn sich die Online-Plattform, von der aus ein Angriff erfolgt, im Geltungsbereich des deutschen Rechts befindet. Bei Rufschädigungen aus dem Ausland erhöht sich der juristische und finanzielle Aufwand um ein Vielfaches.
Umso wichtiger ist es, dass die Opfer rechtzeitig lernen, sich selbst zu schützen. So sehr sich Stalking oder Cybermobbing auf Privatpersonen von gezielten Attacken auf Unternehmen auch im Einzelfall unterscheiden, so sehr ähneln sich doch vorbeugende Maßnahmen, um die Auswirkungen von Rufmordattacken zu schwächen.
Opfer liefern Munition für Cybermobbing oft selbst
Opfer von Rufmordattacken liefern in vielen Fällen die Munition für diese Angriffe selbst, in dem sie sorglos persönliche Daten in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter & Co. veröffentlichen. Damit machen sie sich ebenso leicht angreifbar wie Unternehmen, die Online-Kommunikationskanäle ohne eine schlüssige Strategie oder kontinuierliche Pflege verfolgen – und so riskieren, dass Anfragen oder Beschwerden von Kunden falsch adressiert oder nicht wahrgenommen werden.
Nachhaltiger Schutz gegen Angriffe aus dem Internet lässt sich grundsätzlich nur dann gewährleisten, wenn Unternehmen ebenso wie Privatpersonen lernen, sicher und souverän mit den neuen Kommunikationsformen des Internet umzugehen. Beide müssen die erforderliche Medienkompetenz erwerben.
Cybermobbing: Prävention und Intervention – Medienkompetenz muss erworben werden
Dazu gehört zunächst einmal, die Quelle eines Cybermobbing-Angriffs zu analysieren und entsprechend zu reagieren: Keinesfalls darf man sich zu überstürzten Reaktionen hinreißen lassen. Wer auf eine persönliche Attacke mit einer Gegenattacke antwortet, der zeigt dem Angreifer lediglich, dass seine Provokation sein Ziel erreicht hat und motiviert ihn zusätzlich zu neuen Attacken. Unternehmen, die panisch auf Attacken reagieren – etwa indem sie beispielsweise die eigene Facebook-Page sperren – sorgen meist dafür, dass sich die vormals kanalisierte Kritik in die kaum überschaubaren Weiten des Internet verteilt und die Vorwürfe ungleich mehr Menschen bekannt werden. Damit berauben sich Unternehmen der Möglichkeit, die Diskussion auf einer eigenen Plattform zu diskutieren und zu kontrollieren.
Insbesondere müssen Unternehmen lernen, sich im Internet strategisch richtig zu positionieren, denn hier stehen nicht zuletzt auch Arbeitsplätze auf dem Spiel. Also muss ein strategisches Online Reputation Management als integraler Bestandteil in die Kommunikationsstrategie implementiert werden: Begründete Kritik muss zeitnah adressiert, argumentative Prozesse müssen rechtzeitig etabliert und ein regelmäßiges Online-Monitoring muss eingerichtet werden, um mögliche Gefahren frühzeitig zu erkennen und im Falle einer Attacke entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Tags:Cybermobbing, Facebook, Online Reputation Management, Rufmord im Internet, Soziale Netzwerke