Digitale Mediennutzung
Die Digitale Mediennutzung schreitet unaufhaltsam voran. Menschen, die für die Informationsgewinnung hinter großformatigen bedruckten Papierbögen verschwinden – Zeitung genannt – werden zunehmend seltener. Nachrichten kommen bei einem Großteil der Bevölkerung mittlerweile auf elektronischem Weg auf den Computer oder das Smartphone. Entsprechend haben alle relevanten Nachrichtenmedien ihren Internetauftritt – vom weltweiten TV-Sender bis zum Provinzblatt.
“Obwohl die Inhalte der Redaktionen bei ihren Formaten für den Desktop-PC und das Smartphone oder Tablet identisch sind, nehmen die Leser die Inhalte auf den unterschiedlichen Geräten ganz verschieden auf”, sagt der Kommunikationsexperte Christian Scherg im Interview mit pressestext und beruft sich dabei auf eine Studie der University of Pennsylvania.
Im Rahmen der Studie haben die Forscher den Datenbestand des Online-Panels Media Metrix analysiert und die Nutzergewohnheiten von 250.000 amerikanischen Leser*innen ausgewertet. Dazu kamen Interviews über die Mediennutzung auf Desktop-PCs, Smartphones und Tablets, kombiniert mit Erhebungen über die politischen Ansichten der Befragten.
Digitale Mediennutzung – Gewohnheit gegen Experimentierfreude
Die Beschaulichkeit des eigenen Heims wirkt sich offenbar auch auf die Art und Weise aus, wie Menschen Nachrichten konsumieren. Die digitale Mediennutzung ist also maßgeblich von dem Ort abhänging, an dem wir Nachrichten konsumieren. Auf der Wohnzimmercouch ist die Neigung groß, in gewohnte Verhaltensmuster zu verfallen. “Der Desktop-PC oder das Notebook verleitet die Menschen dazu, sich an ihre gewohnten Nachrichtenquellen zu halten, vielfach unterstützt durch die Einrichtung entsprechender Bookmarks”, erläutert Christian Scherg.
Die Folgen sind drastischer als es zunächst den Anschein hat, denn dieses Nutzerverhalten führt zu den berüchtigten Filterblasen, in denen die Leser*innen fast ausschließlich ihre bevorzugte Meinung vorfinden. “Filterblasen sind keine exklusive Erscheinung sozialer Netzwerke”, erklärt der Kommunikationsprofi. “Auch bei Nachrichtenmedien ist die Gefahr groß, sich in einen Kokon einseitig ausgerichteter Meinungsäußerungen einzuspinnen – mit allen negativen Auswirkungen auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.”
Das Smartphone vs. Desktop-PC
Wie die Studie belegt, sind Smartphone-Nutzer beim Nachrichtenkonsum erheblich unternehmungslustiger. Der Gerätetyp motiviert dazu, unterschiedliche Nachrichtenquellen zu nutzen und auf diesem Weg ein bunteres Bild unserer Welt zu erhalten.
“Viel hängt auch vom Nutzungszeitpunkt ab”, sagt Christian Scherg. “Wenn es um das Lesen von umfangreichen Inhalten geht, kommt das Smartphone eher in der Freizeit zum Zug. Man steht nicht unter Zeitdruck und neigt dazu, sich auch mit zufällig ausgewählten Inhalten zu befassen.”
Das entspannte Umfeld beim Lesen in der Freizeit fördert den Impuls, auch einmal auf einen Link zu klicken, den man während der Arbeit auf dem Desktop-PC aus Zeitgründen unbeachtet gelassen hätte. “Beim Zeitunglesen auf dem Smartphone dominieren die eigenen Interessen, nicht berufliche Zwänge”, sagt Christian Scherg.
Wie sich in der Studie zeigte, fanden die Nutzer*innen auf dem Smartphone zu deutlich mehr unterschiedlichen Themenbereichen und Nachrichtenquellen als auf dem Desktop-PC. Interessanterweise spielt die politische Ausrichtung dabei nur eine untergeordnete Rolle. Nur rund 16 Prozent der aufgerufenen Nachrichtenquellen stehen damit in Zusammenhang.
“Es ist wohl eher eine Frage der Nutzungssystematik bei mobilen Geräten”, erklärt der Kommunikationsexperte. “Touchscreens vermitteln einen unmittelbareren Zugang zu den Inhalten als der Umweg über die Maus. Man tippt dahin, wo man auch hinschaut. Das fördert die Experimentierfreudigkeit und den Spieltrieb.”
Ein weiterer Grund für das flexiblere Nutzerverhalten ist die Vielseitigkeit, mit der Nachrichten auf dem Smartphone dargeboten werden. “Es gibt eine unübersehbare Zahl an News-Apps und Aggregatoren, bei denen der Fokus auf einer möglichst bunten Mischung liegt, nicht auf einseitiger Ausrichtung”, sagt Christian Scherg.
Besonders die Vielseitigkeit beim Angebot der Inhalte verhilft zu ausgereifter Medienkompetenz. Die Nutzung unterschiedlicher Quellen führt dazu, ein Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. “Genau das ist der Weg, sich eine qualifizierte, auf Fakten beruhende Meinung zu bilden”, betont Christian Scherg. “Wer sich immer nur in seiner persönlichen Filterblase tummelt, wird sich zwar bestätigt fühlen, aber keinen klaren Blick auf die Welt gewinnen.”