Krisenkommunikation für Schulen
Krisenkommunikation an Schulen steht nicht in jeder Lehranstalt auf dem Lehrplan. “We don’t need no education!” Diese Textzeile aus einem berühmten Pink Floyd-Werk ist eine der ärgerlichsten Fehleinschätzungen der Popgeschichte – bis man genauer hinsieht. Übersetzt heißt das in etwa: “Was wir nicht brauchen, ist keine Bildung.” Und genau so ist es: Bildung ist der einzige Weg in eine auf Freiheit und Selbstbestimmung basierende Zukunft.
Dass Schulen dabei eine Schlüsselrolle einnehmen, versteht sich von selbst, insbesondere bei der Vermittlung von Werten und Verhaltensweisen gegen Diskriminierung wie dem immer mehr um sich greifenden Cybermobbing. Damit wird klar, dass auch Lehreinrichtungen auf Reputation angewiesen sind, wenn sie ihre Aufgabe bei der Persönlichkeitsbildung junger Menschen erfüllen sollen. Das gilt für staatliche Einrichtungen ebenso wie für private.
Krisenkommunikation an Schulen – Mobbing als Lifestyle-Gadget
Welche Ausmaße selbst kleinste Konfliktquellen annehmen können und wie weit die Kreise sind, die sie ziehen, weiß Reputationsmanager Christian Scherg aus der tägliche Praxis. “Mein Einsatz an der Astrid-Lindgren-Grundschule in [Ort] ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, welche Interessensgruppen und kulturellen Hintergründe Nährboden für Cybermobbing sein können – das geht weit über die Schule hinaus”, berichtet der Experte für Reputationsmanagement.
Im vorliegenden Fall ging es um einen neunjährigen Jungen aus einer syrischen Flüchtlingsfamilie, der sich kurz nach der Einschulung persönlichen Anfeindungen bis hin zur körperlichen Gewalt ausgesetzt sah. Das wahre Ausmaß des Mobbings zeigte sich aber erst durch ein konfisziertes Smartphone: Über die Chatfunktion eines Mobile Games tauschten die Schüler spöttische Nachrichten über die schlechten Sprachkenntnisse des Jungen aus, ahmten seinen Dialekt nach und erörterten Gewaltmaßnahmen für den Nachhauseweg.
Diskriminierung entsteht nicht aus dem Nichts
“Kinder sind von Grund auf tolerant”, weiß Christian Scherg. “Wenn das Verhalten davon abweicht, ist das ein sicheres Indiz für destruktive Einflüsse von außen.” Das zeigte sich auf drastische Weise bei dem von der Schule einberufenen Gespräch mit den betroffenen Eltern.
Die Appelle von Schulleitung und Lehrerschaft, deeskalierend auf die Kinder einzuwirken, liefen größtenteils ins Leere. Die in einem wohlsituierten Viertel angesiedelte Schule konnte sich gegen die auf Abgrenzung und elitäres Denken gepolten Erziehungsberechtigten nicht durchsetzen – ganz im Gegenteil.
Zwei Elternpaare hatten bereits eine Unterschriftenaktion und umfassende Aktivitäten in den sozialen Medien eingeleitet, um den syrischen Jungen aus der Schule zu “entfernen”. Insbesondere ein Vater, der einer rechtspopulistischen Organisation nahe stand, erwies sich als Hauptantriebskraft für ausländerfeindliche Initiativen.
Reputation als Mittel der Profilierung
“Was der Schule fehlte, war die Deutungshoheit für demokratische Grundwerte”, sagt Christian Scherg. Mit anderen Worten: Die Reputation der Schule als Instanz für die Vermittlung von Toleranz und Integration war zu gering. Das Ergebnis: Die Astrid-Lindgren-Schule wurde zum Spielball politischer Interessen und der auf Hass und Abgrenzung basierender Grundhaltung einer Gruppe von Elternpaaren – ihrer charismatischen Namensgeberin zum Trotz.
“Hier half nur eine ausgefeilte, strategisch angelegte Kommunikationsstrategie”, berichtet der Reputationsmanager. “Die Bildung eines Krisenstabs und eine eingehende Online-Kommunikations-Analyse führten schließlich zu den geeigneten Maßnahmen, um das Blatt zu wenden.”
Zentrales Element bei der Krisenkommunikation für Schulen ist die eindeutige und unmissverständliche Positionierung der Einrichtung als Hort von Toleranz und Freiheit, die sich in keiner Richtung politisch instrumentalisieren lässt – und das auf allen verfügbaren Kanälen kommuniziert. So gewann die Schule die Deutungshoheit zurück, insbesondere durch ihre andauernden Aktivitäten und die ehrenamtliche Unterstützung engagierter Eltern. “So wird aus einem Problemfall ein deutschlandweites Vorzeigeprojekt”, sagt dazu Christian Scherg.