Nein, meine Miete zahl‘ ich nicht!
Der Instagram-Post vom 28. März 2020 beginnt mit einem Close-up-Video auf einen Blecheimer mit einem offenbar in Brandbeschleuniger getränkten Polo-Shirt der Marke adidas. Aus dem Off hört man die Stimme des SPD-Bundestagsabgeordneten Florian Post, der seinen Unmut gegenüber DAX-Konzernen hinsichtlich der Aussetzungen ihrer Mieten äußert. Er spricht sich persönlich gegen den weiteren Kauf von adidas-Produkten aus und zündet schließlich das Shirt an.
Auch andere Personen des öffentlichen Lebens wie Hubertus Heil verteilen Schelte oder drohen mit Boykott explizit in Richtung von adidas, wenn auch pars pro toto für mehrere Großunternehmen, die trotz starker schwarzer Zahlen 2019 nun von dem neuen Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie Gebrauch machen möchten. Doch wie konnte adidas derart in den Fokus der Proteste geraten? Reputations-Manager und Experte für Krisenkommunikation Christian Scherg hat diesen Shitstorm näher betrachtet.
Schutz von Mieter und Vermieter nötig
Vielen Privatpersonen sowie Unternehmen brechen wegen der Corona-Pandemie zunehmend die Einnahmen weg, doch die Fixkosten bleiben und mit ihnen kommt die Angst vor der finanziellen Zukunft. Ein Großteil der laufenden Kosten betrifft häufig die Miete. Das von der Bundesregierung am 27. März 2020 beschlossene Gesetz u.a. zur Stärkung der Mieterrechte soll vor allem ermöglichen, Mieter ohne Rücklagen vor der Kündigung zu schützen. Es ermöglicht eine Stundung, d.h. einen Aufschub der Zahlungen für 2 Jahre. Leidtragende können allerdings im Umkehrschluss kleine Vermieter sein, hier wird um Fingerspitzengefühl gebeten.
Hochmut kommt vor dem Fall
Bereits einen Tag nach Verkündung des Gesetzes gaben aber die Handels-Konzerne Puma, H&M, Deichmann und eben auch adidas bekannt, ihre Mietzahlungen vorübergehend auszusetzen. Im Gegensatz zu den anderen Unternehmen hatte allerdings adidas in den vergangenen Quartalen sehr transparent seine Liquidität und hohen Gewinne kommuniziert und in dieser Offenheit sieht Scherg das Hauptproblem. Der amtierende CEO Kasper Rorsted ließ sich sowohl von Investoren als auch in den Medien für sein Kostenmanagement und die Rekordzahlen feiern und zieht diese Linie auch in der Corona-Zeit durch. Ökonomisch gesehen konsequent, unter gesellschaftlichen Aspekten für viele inakzeptabel.
Wo bleibt der Sportsgeist?
Diese Vorgehensweise des Konzerns adidas, der die deutsche Fußball-Nationalmannschaft seit jeher ausstattet und dessen Produkte nach dem Wunder von Bern 1954 international durch die Decke gingen, passt in der Öffentlichkeit nicht in das Bild des sportlichen „Fairplays“ sowie in die Grundeinstellung „Impossible is nothing“ und führt daher zu dem massiven Protest gegen das Unternehmen.