Vom Shitstorm, der nur Mist ist
Der NDR betätigt auf der Tastatur der Medien die ESC-Taste: Escape! Der Sender flieht vor der eigenen Entscheidung, der Kritik im Internet und der Entrüstung der Mitarbeiter. Gleichgültig aber, was der deutsche ESC-Sender tut, es ist Mist. Die Fähnchen von Fans wie Gegner wehen im Shitstorm. Der Begriff wurde übrigens schon für 2010 als Anglizismus des Jahres nominiert, schaffte es dann aber erst ein Jahr später. Hoffnung für Xavier Naidoo: Mitunter klappt es beim zweiten Anlauf.
Social Media hat wieder einmal bewiesen, dass gut sozialisierte Teilnehmer sich darauf beschränken, sinnentleerte Floskeln zu wiederholen. Die Kakophonie verbaler Aggression hat keine echte Aussage, da im Lärm die Inhalte untergehen. Wer mitschreit, hat nichts zu sagen. Zum Erfolg des Shitstorms als nonverbale Kommunikation in Schriftform hat vor allem das lawinenartige Wachstum von Facebook und Twitter beigetragen.
Es wundert nicht, dass ihr mitreißender Erfolg den gleichen Mechanismen gehorcht, die auch den Shitstorm als unqualifiziertes Aufwallen von Web-Meinung salonfähig machten. Auslöser kann alles sein, was sich ohne Hintergrundwissen und Verständnis aufnehmen und wiedergeben lässt. Der Shitstorm etabliert sich als Grummeln im Gedärm der Social Media Kultur.
Wie wenig Sinn und Substanz die Online-Peristaltik hat, zeigt der aktuelle Fall: Ob Naidoo nun ESC-Kandidat wird oder nicht, ist längst gleichgültig, denn über das eine wie über das andere können sich dieselben Personen aufregen, ganz ohne inhaltliche Debatte. Da in der Masse undifferenzierter Attacken keine Argumente mehr ausgetauscht werden, schlagen Meinungen hohe Wellen, die außerhalb von Facebook und Co. ohne Belang wären, würde nicht dauernd über sie berichtet. Am Ende entpuppt sich doch vieles, was es als Shitstorm in die Berichterstattung schafft, als ein laues Lüftchen, das seinen Weg nach draußen sucht.