Von Online-Kameras, die unser Selbstbild bedrohen
Ein buntes Pflaster verdeckt die Kamera des Notebooks. Besser, als dass es uns beobachtet. Die Augenklappe für die digitale Linse ist zwar nicht schick, aber sicherer als das Vertrauen in Software. Wir wissen nie, wann das Computer-Auge linst. Viele Apps greifen einfach auf die Kamera zu. Das mag praktisch für Videotelefonie oder Profilbilder sein, der Nutzen bei Einkauf-Apps, Karten- und Kochanwendungen, Notiz- und Präsentationstools hingegen ist eher fraglich.
Die Begründungen reichen von der Anpassung an die Umgebung bis hin zur berührungslosen Gestensteuerung. Keiner weiß, wohin das Kameraauge schweift, wenn Notebook und PC unbenutzt auf dem Tisch stehen, Handys und Tablets in Sichtweite sind.
Gnadenlos räumen sich Apps Zugriffsberechtigungen selbst ein. Oft ahnen wir nicht, welche Programme uns sehen, wozu es nutzt, wo die Bild- und Videodaten verarbeitet werden und was mit ihnen geschieht.
Dabei lässt sich die Aktivierung der Kamera in aktuellen Betriebssystemen gezielt einschränken. So hat Windows 10 in den Datenschutz-Einstellungen ein eigenes Menü für die Kamera. Doch anscheinend mögen es viele Menschen, beobachtet zu werden. So war gerade eben auf der CES in Las Vegas der größten amerikanischen Elektronikmesse die Lily Camera eine vielbeachtete Innovation: Die Drohne verfolgt ihren Besitzer und filmt ihn aus der Vogelperspektive. Überhaupt erfreuen sich ja die fliegenden Kameras großer Beliebtheit, nur nicht bei Polizei, Rettungskräften, Katastrophenhelfern und ganz normalen Menschen, die nicht im Fokus stehen wollen.
Aber unser Privatleben bedrohen nicht nur die fliegenden Augen, sondern auch manch selbstinstallierte Web-Cam. So sollen laut Medienberichten verschiedene Überwachungskameras von Aldi neugierigen Hackern ungehindert Einblick ins Heim bieten. Und nicht nur das: Auch Abhören soll möglich sein.
Was unsere Apps machen, beherrschen auch Schad- und Spionageprogramme. Das gilt prinzipiell für alle Mikros unserer vernetzten Geräte.
Gegen diese Art von Verletzung unserer Privatsphäre hilft leider auch kein buntes Klebepflaster.