Von Gefühlen, die in Emojis erstarren
Wutbürgers Vergnügen: Die Zornfalter der Nation finden auf Facebook Ausdruck auf Mausdruck. Statt Meinungen mit einem simplen „Gefällt mir“ zu goutieren, lassen sich Postings nun mit fünf weiteren Symbolen quittieren: Vom intensiven „we love it“-Herz übers Haha-Lustig-Smilie, dem Mondgesicht mit Wow-Effekt, der Trauermiene bis zur zorngeröteten Glatze reicht die Vorwahl der Emotionen.
Die Tradition der Emojis in Messengers ist groß und der Einsatz von Emoticons im Chat reicht weit zurück, nämlich bis in Zeiten, da sich Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung 😉 um Satzzeichen grabbelten: Sie verstärkten den Beitrag, verbildlichten die Intention. Das lachende Gesicht, ob aus Doppelpunkt, Bindestrich und Klammer selbstgetippt oder aus der Palette hunderter Instantgrafiken ausgewählt, es stand im Kontext einer neuen Kommunikation.
In Facebook aber sind wir mit ihnen am Ende der Debatte angekommen. Gleichgültig was die prüden sechs Symbole zeigen: Man kann einem „Love“ genauso wenig zustimmen wie sich dem „Hate“ widersprechen lässt. Facebooks Symbole liefern keinen Beitrag zum Dialog, sondern würgen ihn ab. Sie liefern keine Statements, keinen Ausdruck der eigenen Meinung, keine Verantwortung für des Wortes Wert. Sie sind nicht mehr als sie scheinen. Ein bunter Klecks standardisierter Gefühle, gefrorene Emotionen, steril und konserviert, Symbole, auf die es keine Reaktion gibt, da sie reaktionär sind. Eine inhaltliche Auseinandersetzung ist nicht vorgesehen.
Meinungsmaschine auf Stimmenfang: „Gefällt mir“ ist gestern, Daumen hoch antiquiert. Stattdessen machen wir unseren Mausklick an der richtigen Stelle. Denn der Teilnehmer, der sich auf den vorgegebenen Rahmen beschränkt, lässt sich leichter auswerten. In sechs Stereotypen kann man erfassen, wes Geistes Kind er ist. Wut ist vorgesehen, aber auf Angst, Bestürzung und Abscheu wird verzichtet.
Es ist zum Heulen. Aber bitte nicht mit dem Facebook-Icon mit der traurigen Träne. Denn das steht im japanischen Originalsymbol für Schlaf. Na dann gute Nacht.